10.06.2024

Das Pflegesystem fährt mit Ansage gegen die Wand

Beim Pflegekongress des Niedersächsischen Evangelischen Verband für Altenhilfe und Pflege e.V. (NEVAP) mit dem Titel „Kollaps oder Transformation? - Perspektiven diakonischer Pflege in Niedersachsen“ diskutierten Expertinnen und Experten in Oldenburg über die Zukunft des Pflegesystems.

Beim diesjährigen Pflegekongress des Niedersächsischen Evangelischen Verband für Altenhilfe und Pflege e.V. (NEVAP) mit dem Titel „Kollaps oder Transformation? - Perspektiven diakonischer Pflege in Niedersachsen“ diskutierten Expertinnen und Experten in Oldenburg über die Zukunft des Pflegesystems.

Sven Schumacher, Vorstandsvorsitzender des NEVAP: „Der Kollaps des Pflegesystems rückt immer näher. Für Stückwerk haben wir keine Zeit mehr, es braucht jetzt den großen Wurf! Bis 2030 werden 40 Prozent der registrierten Pflegekräfte in Niedersachsen in Rente gehen, gleichzeitig wird die Nachfrage nach Pflegeleistungen steigen.“

„Die Arbeitsbedingungen für das Pflegepersonal muss dringend verbessert werden, um den Job für den Nachwuchs attraktiv zu gestalten. Dazu gehört es auch, digitale und KI gesteuerte Tools im Sys-tem zu etablieren. Hierfür muss der Bund ein Investitionsprogramm auflegen, das Sach- und Perso-nalkosten abdeckt. Wir brauchen multiprofessionelle Teams aus den Bereichen IT und Pflege, damit die Digitalisierung in der Pflege endlich vorankommt“, ergänzt Frank Pipenbrink, Geschäftsführer des NEVAP.

Die Expertinnen und Experten waren sich einig: Bleibt das System in seiner Ausgestaltung so starr, wird es zum einen Versorgungsengpässen geben und zum anderen kann sich kaum mehr jemand Pflege leisten. Die durchschnittliche Rente betrug laut statistischem Landesamt 2022 bei Männern in Niedersachsen 1.344 Euro. Frauen erhielten 796 Euro. Der Eigenanteil für einen Pflegeplatz beträgt inzwischen rund 3.500 Euro.

„Für Pflegebedürftige sowie für die Lebenspartner ist die Armutsfalle „Pflege“ längst Realität. Immer mehr können die finanziellen Mittel für die notwendigen Leistungen nicht mehr aufbringen. Die Folge: Die Pflegebedürftigen bleiben unterversorgt zurück und die Hauptlast der Pflege verlagert sich weiter ins Private, indem pflegende Angehörige die Versorgung allein übernehmen und auf Dauer häufig selbst durch Überlastung erkranken. Professionelle Pflege darf nicht zum Luxusgut Einzelner werden“, so Andrea Hirsing, Vorstandsmitglied des NEVAP.

Und Sven Schumacher ergänzt: „Das Ziel muss eine Pflegevollversicherung werden, die den Pflege-bedarfen von Menschen Rechnung trägt, unabhängig vom Wohnort, von ambulanten oder stationären Versorgungssettings. Der Mensch muss im Mittelpunkt stehen.“ Zusammen mit Politik und fachlichen Impulsgeber*innen tauschten sich die 100 Pflegeexpert*innen zu Alternativen zur Ausgestaltung der Pflegeversicherung und Zukunft der pflegerischen Versorgung aus.

„Die Zeit drängt. Das hat jedoch der Bundesgesundheitsminister wohl nicht verstanden. Anders kann ich mir die Aussage, dass eine Reform der Pflegeversicherung in die nächste Legislaturperiode ver-schoben werden soll, nicht erklären. Die derzeitige Ausgestaltung der Pflegeversicherung wird den Bedarfen schon lange nicht mehr gerecht. Die Versorgungssicherheit kann deshalb in Zukunft nicht mehr gewährleistet werden“, stellt Frank Pipenbrink fest.

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Hier kommen Sie zur Video-Grußbotschaft des Ministers Dr. Andreas Philippi: https://hidrive.ionos.com/lnk/EIrxQ1edC

Die Vorträge haben wir den Teilnehmenden zugesendet.